Was bedeutet Barrierefreiheit im Web?
Veröffentlicht von ISHF Friedrich Hofbauer in Webdesign · Montag 30 Jun 2025 · 6:45


Barrierefreiheit im Web: Warum sie unverzichtbar ist und wer Ausnahmen hat.
In unserer zunehmend digitalen Welt ist das Internet für viele von uns der zentrale Zugang zu Informationen, Dienstleistungen und Unterhaltung. Doch was, wenn dieser Zugang für manche Menschen erschwert oder gar unmöglich ist? Hier kommt das Thema Barrierefreiheit im Web ins Spiel – ein Konzept, das sicherstellt, dass alle Menschen, unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen, digitale Inhalte nutzen können.
Was bedeutet Barrierefreiheit im Web?
Barrierefreiheit im Web bedeutet, Webseiten und Anwendungen so zu gestalten und zu entwickeln, dass sie von Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen wahrgenommen, bedient und verstanden werden können. Dies umfasst:
- Sehbehinderungen: Bereitstellung von Alternativtexten für Bilder, gute Farbkontraste, Zoom-Funktionen und Kompatibilität mit Screenreadern.
- Hörbehinderungen: Untertitel und Transkripte für Audio- und Videoinhalte.
- Motorische Einschränkungen: Tastaturnavigation, ausreichende Klickflächen und Verzicht auf zeitkritische Interaktionen.
- Kognitive Einschränkungen: Klare und einfache Sprache, übersichtliche Strukturen und Hilfestellungen bei der Navigation.
Es geht darum, digitale Barrieren abzubauen und eine inklusive Online-Erfahrung zu schaffen.
Warum ist Barrierefreiheit so wichtig?
Die Umsetzung von Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern bietet auch handfeste Vorteile:
- Inklusion und Chancengleichheit: Jeder Mensch hat das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Dienstleistungen. Eine barrierefreie Webseite schließt niemanden aus.
- Gesetzliche Vorschriften: In vielen Ländern, darunter auch Österreich und die gesamte EU, gibt es Gesetze und Verordnungen, die die Barrierefreiheit von Webseiten für öffentliche Stellen vorschreiben. Die EU-Web Accessibility Directive (WAD) ist hier ein zentrales Beispiel.
- Bessere Benutzerfreundlichkeit für alle: Viele barrierefreie Designprinzipien verbessern die Benutzerfreundlichkeit für alle Nutzer. Klare Strukturen, gute Kontraste oder die Möglichkeit zur Tastaturnavigation kommen auch Menschen ohne Einschränkungen zugute.
- SEO-Vorteile: Suchmaschinen bevorzugen gut strukturierte und semantisch korrekte Webseiten, was oft Hand in Hand mit barrierefreiem Design geht (z.B. durch die Verwendung von Alt-Texten für Bilder).
- Erweiterte Zielgruppe: Indem Sie Barrieren abbauen, erreichen Sie eine größere potenzielle Zielgruppe, da Menschen mit Behinderungen oder altersbedingten Einschränkungen Ihre Inhalte leichter nutzen können.
Wer ist von der Umsetzung der Barrierefreiheit ausgenommen?
Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit im Web betrifft in erster Linie öffentliche Stellen. Dazu gehören:
- Behörden des Bundes, der Länder und Gemeinden.
- Öffentliche Unternehmen und Organisationen, die im öffentlichen Interesse handeln (z.B. Universitäten, Krankenhäuser, öffentliche Verkehrsbetriebe).
In der EU ist dies durch die Web Accessibility Directive (WAD) geregelt, die in den Mitgliedstaaten (in Österreich z.B. durch das Barrierefreiheitsgesetz - BGBl. I Nr. 22/2019) umgesetzt wurde.
Für private Unternehmen und Einzelpersonen ist die Umsetzung von Barrierefreiheit in der Regel auch gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings gibt es hier Ausnahmen:
- Kleinstunternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen
Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen (z.B. Webshops), mit weniger als 10 Mitarbeitern und entweder einem maximalen Jahresumsatz von 2 Millionen EUR oder einer maximalen Jahresbilanzsumme von 2 Millionen EUR.
Tipp: Webshops von Kleinstunternehmen sind zwar ausgenommen, allerdings ist für den Fall einer Vergrößerung des Unternehmens zu beachten, dass eine nachträgliche Änderung des Webshops wahrscheinlich aufwendiger ist, als wenn der Webshop sofort barrierefrei gestaltet wird. - Grundlegende Veränderungen von Produkten oder Dienstleistungen und unverhältnismäßige Belastungen für die WirtschaftsakteureDie Barrierefreiheitsanforderungen müssen dann nicht eingehalten werden,
- wenn deren Einhaltung zu einer grundlegenden Veränderung des Produkts oder der Dienstleistung führen würde, oder
- wenn deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung (z.B. zusätzliche übermäßige finanzielle Belastung) der betreffenden Wirtschaftsakteure führen würde.
Der
Wirtschaftsakteur hat die Beurteilung zu dokumentieren und für
mindestens fünf Jahre aufzubewahren. Dienstleistungserbringer haben die
entsprechende Beurteilung bei Veränderung der angebotenen
Dienstleistung, spätestens jedoch alle fünf Jahre, vorzunehmen.
Tipp: Es wäre empfehlenswert, die Barrierefreiheitserklärung zumindest alle fünf Jahre zu evaluieren.
- Generelle Ausnahme für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen, die nicht ohnehin ausgenommen sind (siehe oben Kleinstunternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen) müssen die Beurteilung nicht dokumentieren, jedoch auf Verlangen des Sozialministeriumservice die für die Beurteilung maßgeblichen Fakten übermitteln.
Die Vorteile einer Barrierefreiheit in Ihrer Webseite!
Barrierefreiheit: Nicht nur ein "Nice-to-have", sondern ein Muss mit vielen Vorteilen
In der heutigen digitalen Welt sind Webseiten und Apps unsere Tore zu Informationen, Dienstleistungen und sozialen Kontakten. Doch wie zugänglich sind diese Tore wirklich für alle Menschen? Hier kommt die Barrierefreiheit ins Spiel – ein Konzept, das oft noch als rein technische Anforderung oder als "Gute-Tat-Projekt" missverstanden wird. Dabei ist Barrierefreiheit weit mehr als das: Sie ist ein entscheidender Faktor für Erfolg, Reichweite und Inklusion.
Lassen Sie uns einen Blick auf die vielfältigen Vorteile werfe, die die Umsetzung von Barrierefreiheit mit sich bringt.
1. Inklusion und gesellschaftliche Verantwortung
Der offensichtlichste und wichtigste Vorteil ist die Inklusion. Barrierefreiheit ermöglicht es Menschen mit verschiedenen Einschränkungen – sei es Seh-, Hör-, motorische oder kognitive Beeinträchtigungen – digitale Inhalte uneingeschränkt zu nutzen. Das bedeutet:
- Gleichberechtigten Zugang: Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu Informationen und Dienstleistungen. Barrierefreiheit stellt sicher, dass niemand aufgrund einer Behinderung von der digitalen Welt ausgeschlossen wird.
- Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: Ob Online-Banking, Behördengänge, Bildung oder soziale Medien – ein barrierefreies Web ermöglicht volle Teilhabe.
- Besseres Image: Unternehmen und Organisationen, die Barrierefreiheit aktiv umsetzen, zeigen soziale Verantwortung und stärken ihr positives Image in der Öffentlichkeit.
2. Verbesserte Benutzerfreundlichkeit für alle Nutzer
Ein oft übersehener Aspekt ist, dass Barrierefreiheit die Benutzerfreundlichkeit für alle verbessert, nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Viele barrierefreie Designprinzipien kommen der breiten Masse zugute:
- Klare Struktur und Navigation: Eine logisch aufgebaute Webseite mit einfacher Navigation ist für jeden leichter zu nutzen.
- Gute Farbkontraste: Nicht nur für Sehbehinderte wichtig, sondern auch bei schlechten Lichtverhältnissen oder auf älteren Bildschirmen von Vorteil.
- Verständliche Sprache: Einfache, prägnante Texte sind für jeden leichter zu erfassen, insbesondere unter Zeitdruck oder bei geringer Sprachkompetenz.
- Mobile Nutzung: Viele Barrierefreiheitsfeatures (z.B. große Klickflächen, flexible Layouts) optimieren auch die Nutzung auf Smartphones und Tablets.
- Temporäre Einschränkungen: Auch Menschen ohne dauerhafte Behinderung profitieren, z.B. bei einem gebrochenen Arm, in lauter Umgebung oder bei starker Sonneneinstrahlung.
3. Größere Reichweite und neue Zielgruppen
Indem Sie Barrieren abbauen, erweitern Sie automatisch Ihre potenzielle Zielgruppe.
- Millionen potenzieller Nutzer: Weltweit lebt ein signifikanter Teil der Bevölkerung mit irgendeiner Form von Behinderung. Eine barrierefreie Webseite öffnet diesen riesigen Markt.
- Ältere Generation: Mit zunehmendem Alter nehmen oft Seh- und Hörfähigkeit ab. Barrierefreiheit berücksichtigt diese Bedürfnisse und macht Ihre Angebote auch für Senioren attraktiv.
- Besseres Ranking in Suchmaschinen (SEO): Viele Aspekte der Barrierefreiheit überschneiden sich mit Best Practices der Suchmaschinenoptimierung. Saubere HTML-Strukturen, aussagekräftige Alt-Texte für Bilder, Transkripte für Videos und eine klare Navigation werden von Suchmaschinen positiv bewertet und können Ihr Ranking verbessern.
4. Rechtliche Sicherheit und Vermeidung von Klagen
Gerade für öffentliche Stellen und zunehmend auch für private Unternehmen ist die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards keine Option, sondern eine gesetzliche Pflicht.
- Einhaltung von Gesetzen: In der EU, auch in Österreich, gibt es Richtlinien wie die Web Accessibility Directive (WAD), die öffentliche Webseiten zur Barrierefreiheit verpflichten. Diese Verpflichtungen werden auch auf bestimmte private Akteure ausgeweitet, die öffentliche Dienstleistungen anbieten.
- Vermeidung von Klagen: Eine nicht-barrierefreie Webseite kann zu Diskriminierungsklagen und hohen Strafen führen. Proaktive Umsetzung schafft Rechtssicherheit.
- Barrierefreiheitserklärung: Verpflichtende Barrierefreiheitserklärungen schaffen Transparenz und zeigen Ihr Engagement.
5. Innovation und Kreativität
Die Auseinandersetzung mit Barrierefreiheit kann auch Innovationen vorantreiben. Indem Designer und Entwickler über den Tellerrand der "Durchschnittsnutzer" hinausblicken, entstehen oft kreative und effektive Lösungen, die das Produkt für alle besser machen. Es fördert einen nutzerzentrierten Ansatz, der sich positiv auf die gesamte Produktentwicklung auswirkt.
Fazit
Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie ist ein Investment in Inklusion, bessere Benutzerfreundlichkeit, größere Reichweite, rechtliche Sicherheit und sogar in die Innovationskraft Ihres Unternehmens. Wer heute noch auf Barrierefreiheit verzichtet, verschenkt nicht nur großes Potenzial, sondern riskiert auch, den Anschluss an eine immer inklusiver werdende digitale Welt zu verlieren.
Ist Ihre Webseite schon bereit für alle Nutzer?